Montag, 11. November 2024

Santo Antao - Meine persönlichen Trekking Highlights

Auf Santo Antao habe ich meine Käseglocke gefunden. Plötzlich fühlt man sich ganz allein auf der Welt, wenn man auf traditionellen Eselpfaden und verlassen wirkenden Pfaden wandert. Santo Antao liegt wie vergessen mitten im Atlantischen Ozean. Dabei ist es ein wahres Paradies für Wanderer. Überzeuge dich selbst!

Eines habe ich gelernt: eine klassische Ländersammlerin bin ich sicherlich nicht. So viele graue Stellen auf der Weltkarte zu entdecken wie möglich liegt mir nicht. Wenn mir etwas gefällt, kehre ich gerne wieder zurück – ohne, dass es langweilig wird. Auf den kapverdischen Inseln war ich in diesem Jahr zum ersten Mal. Doch eines ist sicher: es war bestimmt nicht das letzte Mal. Beim Trekking „Santo Antao zu Fuß“ habe ich eine wunderbar facettenreiche Insel in ihrer ganzen Pracht kennengelernt. Zwei Wochen lang bewegte ich mich mit meiner Wikinger-Gruppe fernab bekannter Touristenmagneten. So ernteten wir vielfältige Eindrücke einer beeindruckenden Insel. Dies waren meine Trekking-Highlights auf Santo Antao.

Das Alto Mira-Tal: Aufstieg zu den stillen Gipfeln

Zuerst erschienen die Gipfel der Berge noch in unerreichbarer Ferne. Wir wanderten entlang der Levadas durch das Alto Mira-Tal. Bauern  winken uns von den Feldern aus zu und es herrschte dörfliches Treiben. Doch schon bald ließen wir Alto Mira hinter uns und wechselten auf einen abenteuerlichen Pfad hinauf in die Berge. Der Weg begann immer steiler zu werden. Ein mutiger Blick nach vorne verriet mir nun, dass wir an der Steilwand angelangt waren, die es zu erklimmen galt. In ruhigem, gleichmäßigem Tempo arbeitete sich die ganze Gruppe voran. Hufabdrücke und Fußspuren ließen erahnen von wem unser Wanderweg sonst nur genutzt wurde. Allerdings kreuzte bis zum Gipfel der Kraterwand kein anderes Lebewesen unseren Weg. Wir hatten die stillen Gipfel über dem Alto Mira-Tal ganz für uns alleine, sodass uns eine wohltuende Ruhe umgab.

Übernachten in Figueiras: Etwas zurückgeben

Die Tour nach Figueiras führte uns in ein Tal, das mit dem Auto nicht zu erreichen ist. Besucher gelangen hierher nur zu Fuß – so auch wir. Wer ein Land in ruhigem Tempo erkundet, schafft sich oft selbst die schönsten Begegnungen. Man ist nicht mehr der namenlose Tourist hinter dem Busfenster, sondern ein Gast. In Figueiras übernachteten wir in der örtlichen Schule mitten im Dorf. Auf den Kapverden herrscht im Grundschulalter die Schulpflicht. Dies ist wichtig, damit alle Kinder die Möglichkeit haben lesen und schreiben zu lernen. Und auch um die Sprachen des fernen Festlandes zu verstehen und sich darin verständigen zu können.

Jedoch ist es vielen Familien nicht möglich für die Schulmaterialien selbst aufzukommen. Somit wollten wir uns als Gäste für das freundliche „Willkommen“ bedanken und unseren Gastgebern etwas zurückgeben. Mit Buntstiften und Holzlinealen im Gepäck bedankten sich die Wikinger-Gäste für einen unvergesslichen Aufenthalt in Figueiras. Ein kleines Geschenk mit einer großen Wirkung.

Die Hochebene Espongeiro: Über den Wolken

Als ich einen Blick zurück ins Tal warf, sah ich die grüne Oase in dichtem Nebel versinken. Unser Weg verwandelte sich von einem gepflasterten Weg in einen holprigen Eselspfad. Weit und breit ist keine Menschenseele zu sehen. Der Hochebene Espongeiro wurde durch das feuchte April-Wetter ein mystischer Touch verliehen. Unsere Tagestour begann schon morgens in der Früh. Noch hingen die Wolken tief und hoch oben angekommen wehte ein leichtes Lüftchen. Die idealen Temperaturen für eine Wanderung! Gegen Mittag lichteten sich die dichten Wolken und die Sonne zeigte sich an einem strahlend blauem Himmel. Die Tour zur Hochebene Espongeiro führte uns über einsame Pfade bis zu einer verlassenen Schule mitten in dichtem Nadelwald. Hier erwartete uns eine Übernachtung der besonderen Art. Unser Nachtlager schlugen wir auf dem Dach des Gebäudes unter freiem Himmel auf. Abseits menschlicher Lichteinflüsse, konnten wir zum Einschlafen die Sterne zählen.

Das Paúl-Tal: Unterwegs auf tropischen Pfaden

Natürlich schroffe Felswände und dramatisch aufragende Bergspitzen sind beeindruckend – irgendwann vermisst man jedoch das saftige Grün der Täler. Vom Paúl-Tal erkannte man von oben vorerst nicht viel. Dichte Passatwolken versperrten uns den Blick. Bald bemerkte ich jedoch, wie sich der Wegesrand zu meinen Füßen verwandelte. Aus einem ockerfarbenen Braunton wurden immer größer werdende grüne Flecken. Bald schon tauchten links und rechts üppige Zuckerrohr- und Bananenfelder auf. Wir kamen an – in einem kleinen Paradies. Um uns herum wirkte die Welt wieder lebendiger und schon bald empfing uns die wilde Atlantikküste. Nach 10 Tagen Trekking erreichten wir das Paúl-Tal.

Für mich ist Santo Antao ein unvergesslicher Ort! Wenn mir wieder einmal der Sinn nach urspünglicher Natur und herzlicher Gastfreundschaft steht, kehre ich gerne wieder zurück.

Ein Reisebericht von Marei Groh

Samstag, 9. November 2024

Sauerei? Ziegerei! Eine Trekkingtour durch Marokko

Ich weiß nicht, wie lange wir uns schon kennen. Ich kann mich aber an eine Begegnung vor langer, langer Zeit am Flughafen von Marokko in Marrakesch erinnern. An eine Wikinger-Gruppe, die sich von ihrem Reiseleiter verabschiedete und dabei merkwürdiges Deutsch sprach: Von „zu- und abschatten“, von einer „Ziegerei“ und einem Flieger, der Brahim nicht verpassen wird…

Seid Ihr schon mit Brahim Jabir gereist? Nein? Dann geht es Euch wie mir damals: Ich habe kein einziges Wort von diesem merkwürdigen Kauderwelsch-Deutsch verstanden. Als ich dahinter kam, wusste ich gleich: Eine Marokko-Reise mit Brahim ist eine Reise in die Seele Marokkos. Und der Schlüssel zur Marokkos Seele ist die Sprache.

Vor drei Wochen waren wir wieder gemeinsam unterwegs. Von den Felszacken des Jebel Saghros zu den Sanddünen Erg Chegagas, um eine neue Reise auszukundschaften. Wir fuhren in Marrakesch los, der kräftige Regen sorgte dafür, dass wir kaum etwas von der Außenwelt sahen.

Wir unterhielten uns also. Und „schattig sein“ kam zunächst zur Sprache. Denn „schattig sein“ kann man nur in einem Land, wo viel Sonne scheint. Und „dick werden“ oder „zunehmen“ ist nicht fein genug für die Art, wie sich die Marokkaner unterhalten. Also wenn man „zunimmt“, wirft man einen größeren Schatten. Keine Frage, es ist doch eine viel schönere Art, das „Dickwerden“ zu beschreiben.

Nun schatteten die Wolken draußen ab und irgendwann hörte es auf gegen die Scheiben zu prasseln. Wir stellten unsere Zelte am Fuße des Jebel Saghro auf und gingen gleich schlafen.

Noch vor Sonnenaufgang gingen wir los; es war noch ganz schön… schattig.

Pünktlich – auf deutscher Art!- gingen wir los. Denn die marokkanische Art der Pünktlichkeit wünscht sich bei diesen Temperaturen keiner: Eine genaue Uhrzeit nennt man hierzulande nicht. „Wir treffen uns nach dem dritten Gebet“. Also irgendwann zwischen Mittag und Abend. Und wenn man bei der Verabredung/Einladung versehentlich sagt „bring mal die Familie mit“, dann kommen sie tatsächlich ALLE. 30 Mann. Irgendwann zwischen Mittag und Abend.

Wir wanderten zum Glück zu zweit. Und erreichten zum richtigen Zeitpunkt den richtigen Ort: Tadaout Teblah. Ein Amphitheater. Umgeben von hunderten Felsnadeln standen wir und staunten. Bis Brahim, der dieses Spektakel wohl schon zum hundertsten Mal sah, die Kamera zog. „Noch nie um diese Uhrzeit hier gewesen“. Will schon was heißen.

Wir gingen weiter und unterhielten uns. Über den marokkanischen Erfindungsgeist, den ich bei meiner letzten Reise beobachtete. In der engen Mgoun-Schlucht baute ein Bauer ein Schnellrestaurant. Und schnell beobachtete er, dass seine Kunden immer wieder versuchten, von ihren Handys aus anzurufen. Doch es klappte nie. Er wusste aber die einzige, etwas breitere Stelle in der ganzen Schlucht, von wo ein Anruf möglich war: Es musste allerdings an diese Stelle alles stimmen: der richtige Neigungswinkel des Handys, der richtige Netzanbieter usw. Er baute also ein Holzgerüst, befestigte ein Handy und… das Geschäft läuft wohl noch heute…

Nach drei Trekkingtagen erreichten wir unsere Lodge in Nkob. Ein Paradies. Mit Handyempfang ohne Holzgerüst. Aber auch ohne die beiden war das Hotel ein Traum.

Dann zogen wir weiter in die Wüste. Es regnete wieder. Wir unterhielten uns. Über die Art, wie man die Verspätung in Marokko entschuldigt. Oh ja, auch in diesem Fall gibt es kulturelle Unterschiede: Während man in Deutschland sagt: „Ich habe den Bus verpasst“, dreht man in Marokko aus irgendeinem Grund den Spieß um: „Der Bus hat mich verpasst“. Es ist nun mal so: Pünktlichkeit scheint in Marokko von vielen, allerdings nur äußeren Faktoren abhängig zu sein. Auf die will man persönlich ja gar keinen Einfluss haben … Brahim lachte. Die erwähnte Wikinger-Gruppe am Flughafen in Marrakesch lud ihn mit diesen Worten nach Deutschland ein: „Und pass bloß auf, dass das Flugzeug dich nicht verpasst“.

Um den Sonnenaufgang auf der höchsten Düne nicht zu verpassen, machten wir uns noch in Dunkelheit hinauf. Als wir oben ankamen, war die Sonne noch nicht da. Wir kauerten uns und warteten ab. Brahim erzählte, wie er Deutsch gelernt hatte und seine erste deutsche Gruppe führte. Einer der Gäste bat ihm, ihn um halb acht zu wecken. Halb acht, meinte Brahim, ist die Hälfte von acht. Also weckte er den Gast um vier Uhr morgens. Und verstand nicht, warum der Gast dann auf einmal so aufgebracht war. Danach bestellte die Gruppe den Weckdienst lieber um sieben Uhr dreißig…

Kurz vor sieben Uhr ging die Sonne auf. Der Himmel war leicht bewölkt und dennoch war das wieder ein Naturspektakel.

Wir stiegen von der Düne ab und fuhren nach Marrakesch.

„Sauerei, schon wieder ist eine schöne Reise vorbei“, sagte ich.

„Sag weder Sau noch Schwein. Die gibt es nämlich bei uns nicht“ erwiderte Brahim. „Wir haben Ziegen. Du musst in diesem Fall >>Ziegerei<< sagen“.

Wir lachten.

Ziege gehabt, dass ich die Reise mit Brahim machen durfte.

Ein Reisebericht von Darek

Donnerstag, 7. November 2024

Sahara, Orient & Berglandschaft - Marokko aus jeder Perspektive!

Marokko – eine Reise in ein Land mit tausend Facetten. Noch viel mehr, als ich es mir hätte erträumen können. Der Geruch des herrlich riechenden Berberschnaps, von dem wir uns jeden Tag ein kleines Glas gönnten. Das bunte Treiben auf den Märkten mit den leuchtenden Farben. Die schmalen Gassen von Fés mit ihren freundlich lächelnden Bewohnern, die ein doch so anderes Leben führen. Und natürlich Marrakesch. Ein orientalischer Mix aus Gestalten, Geräuschen und Gerüchen.

Schnell erlernte ich die Kunst des Handelns und konnte mich an unterschiedlichen Ständen austoben. Ich ertappte mich, wie ich gedanklich mein Zuhause umsattelte, alle Möbel, die ich besaß raus schmiss und durch das orientalische Schöne ersetzte. Gestoppt durch die Tatsache, dass ich schon vor dem Urlaub mit meinem Gepäckvolumen kämpfte, versuchte ich mich für ein Teil zu entscheiden, was durchaus sinnvoll, wie mich auch in Erinnerung an die wunderschöne Zeit schwelgen lassen würde. Ich habe letztendlich das Wort sinnvoll wieder gestrichen und durch einfach schön ersetzt. Und dann war ja da och etwas mit den Mitbringseln…

Marokko hat auch ein ganz anderes Bild zu bieten: Grün, grün und nochmal grün! Bereits im Flugzeug war ich über die zahlreichen Wanderschuhe verwundert. Nachdem ich am Gate ca. 80% der Reisenden zu potenziellen  Gruppenmitgliedern erklärte, meine Gruppe allerdings nur aus 16 Mitgliedern bestand und meine Rechnung nicht ganz aufzugehen schien, wurde mir bewusst, was Marokko für ein Wanderparadies sein muss. Und das war es auch! Der Anblick eines wüstenähnlichen, trockenen Landschaftsbildes und dahinter der schneebedeckte Atlas haben mich kurz an meinem Verstand zweifeln lassen. Und noch eine kleine Angeberei nebenbei: Bei einer Wanderung durch einen Zedernwald haben wir freilebende Berberaffen entdeckt. Wie toll ist das denn?!

Und zuletzt ein Highlight, das mich absolut umgehauen hat! Ihr könnt es euch sicher denken: Die Wüste. Ein Ort zu dem ich jederzeit zurückkehren könnte. DER Ort, von dem ich am liebsten erzähle. Drei Nächte verbrachten wir in unseren Zelten, die wir immer an anderen Standorten aufstellten.

Vor- und nachmittags blieb uns die Qual der Wahl, ob wir lieber durch die Wüste wandern oder auf unseren Dromedaren reiten wollten.  Ich entschied mich so gut wie immer für letzteres. Eine Überraschung? Mit Sicherheit nicht. Es hatte etwas absolut meditatives durch die Stille der Wüste zu reiten. Ganz weit weg von allem. Der Anblick von dem warmen, braunen Sand der unterschiedliche Silhouetten umzeichnete und mich quasi auch nach der Wüste noch begleitete( trotz mehrmaligem Ausschütteln meiner Klamotten und meines Rucksackes). Der Gedanke, wie uns unser Reiseleiter abends bei Kerzenlicht eine Kurzgeschichte von Elias Canetti vorlas. Einfach nur zauberhaft!

Nun zu den Fragen aller Fragen: Wie war es mit den Toilettengängen? Wie war das mit dem Essen?  Zu dem ersten Thema schweige ich lieber.  In diesem Falle wird euch mein Schweigen vermutlich Antwort genug sein ;).

Über den zweiten Punkt spreche ich sowieso viel lieber: Das Essen! Unser Koch, der uns während unseres Wüstentrekkings begleitete (für mich also der wichtigste Mann während dieser Tage), beglückte uns morgens mit selbst gemachten Pfannkuchen, Baguette (nicht selbst gemacht, wir wollen ja nicht übertreiben), unterschiedlichen Aufstrichen und Kaffee. Ein wunderbares kontinentales Frühstück, von dem sich das ein oder andere Hotel gern hätte etwas abschauen können. Mittags oder abends ein Vorsüppchen?  Am nächsten Tag lieber ein Salat? Kein Problem für unseren Koch. Als Hauptspeise eine von Hand gezauberte Tajine. Gekrönt wurde unser 3-Gänge-Menü letztendlich mit frischem Obst, wie beispielsweise Orange mit etwas Zimt. Hört sich etwas seltsam an? Schmeckt aber super gut! Nach der Geschichte mit den etwas, ich sage mal traditionellen Toilettengängen hatten wir etwas Luxus auch schließlich verdient.

PS: Vielleicht sollte ich euch noch darüber aufklären, dass Berberschnaps Pfefferminztee ist. Und ja, vermutlich war auch der ein oder andere Mitreisende über die Lüftung dieses Begriffes nach dem ersten probieren etwas enttäuscht.

Na, neugierig?

Ein Reisebericht von Katherina Lourdas