Sonntag, 17. September 2023

Auf der Suche nach dem Spirit von Sansibar

Stone Town, die Hauptstadt von Sansibar auf der Hauptinsel Unguja, ist voller Shetani. Diese ostafrikanischen Geister sind hier praktisch überall, hinter jeder Ecke und in den Gassen und Kronen der Banyanbäume. Vom meinem Platz hoch oben im Rooftop Restaurant rechne ich mir daher gute Chancen aus, die Shetani selbst zu Gesicht zu bekommen. Neue Freunde, die ich auf dieser Gruppe von etwa 40 Inseln gefunden habe, sprachen recht liebevoll von diesen Beschützern ihrer Heimat. Doch irgendwann zwischen meinem zweiten und dritten Dawa – ein Getränk mit Zitronen - und Honiggeschmack, dessen Name in Suaheli „Zaubertrank“ bedeutet und das mit Wodka gemischt werden kann – habe ich aufgehört, nach Geistern Ausschau zu halten. Dawa ist nämlich ganz schön stark (und echt lecker)!

Egal, ob du Shetani nachjagst oder nicht, Stone Town ist eine Stadt, in der man sich ganz wunderbar verlieren kann. Ihre Straßen sind eng wie Wanderwege und schlängeln sich vorbei an Moscheen und Steinhäusern mit schweren Holztüren, die mit massiven Messingarbeiten mit Koranzitaten verziert sind. Jede einzelne Straße scheint zugleich überall und nirgendwo hinzuführen und irgendwie enden sie alle im Darajani Bazaar, den Forodhani Gardens und dem House of Wonders am Meer in der Altstadt. 

Außerdem spürt man die reiche Geschichte Sansibars in jedem Winkel und an jeder Ecke der Stadt. Diese Inseln werden bereits seit etwa 20.000 Jahren von Menschen bewohnt und waren von 1499 bis Mitte der 1960er Jahre durchgehend eine Kolonie verschiedener Mächte, unter anderem Portugal, Oman und Großbritannien. Seit 1964 ist Sansibar eine semiautonome Region von Tansania mit tief verwurzelter lokaler Mythologie und einer Kultur, die afrikanische mit arabischen Einflüssen verbindet. Hier herrscht eine absolut einzigartige Atmosphäre voller Geschichte und Weisheit und ich wandle buchstäblich in den Fußstapfen von Persönlichkeiten wie dem Dichter Arthur Rimbaud, dem Entdecker David Livingstone und Scheherazade.

Ich spüre ihre Gegenwart beim Besuch traditioneller Gewürzplantagen. Ich stelle sie mir vor, wie sie Ochsenkarren, mit frischem Fisch beladenen Fahrrädern und Zuckerrohrsaftverkäufern ausweichen. Ich denke an sie, wenn ich im Livingstone Beach Restaurant Musik höre. Ich sehe Mahatma Gandhi und Freddie Mercury neben mir stehen, wenn ich ihren alten Tummelplatz Tembo House besuche, und folge ihren Spuren in Richtung Südosten. 

Hier wartet Bwejuu auf mich, ein Strand, der bereits unzählige Male zu einem der schönsten der Welt gewählt wurde. Obwohl hier einiges los ist, ist es dennoch ruhig. Erstaunlich, wie hungrig man vom bloßen Chillen werden kann, und als die Sonne untergeht spaziere ich zu The Rock, einem traditionellen Restaurant auf einem Felsen im Meer, zu dem man bei Ebbe zu Fuß laufen kann. Hier esse ich das Reisgericht Pilaw mit dem Fang des Tages, in einer Ingwer - Zimt - Sauce gekocht. Während des Essens kommt die Flut und zurück muss ich das Boot nehmen. 

Das Boot bringt mich auch zu meinem letzten Stopp, Kwendwa im Norden. Rund um mich sehe ich Daus, die traditionellen örtlichen Segelschiffe. Manche sind auf dem Weg zu ihren Fischgründen, andere bringen Schnorchler und Taucher zum zauberhaften Korallenriff Mnemba hinaus. Das ist das Sansibar unserer Träume: Ein tropisches El Dorado von unglaublicher Schönheit. Auf dem Weg zum Spa im Hotel Kilindi, wo ich mir eine „Afrikanische Kartoffel - Ganzkörperpackung“ gönne, begegnet mir keine Menschenseele. Die Wellness - Behandlung wird begleitet vom Rascheln der Palmenblätter und dem Rauschen der Brandung. Es klingt wie ein Flüstern. Kann es sein, dass die Shetani ein Auge auf mich haben?

Ein Reisebericht von Linda Iliste

Freitag, 15. September 2023

In Uganda zu Gorilla - Kaffee aufwachen

Das Schwarz - Weiß - Wandbild eines Silberrückens lugt hinter brummenden Espressomaschinen im Gorilla Conservation Cafe in Entebbe, Uganda, hervor – ein angesagter Treffpunkt in der Innenstadt, der genauso gut nach New York oder London passen könnte.

Das gleiche faszinierende Gesicht ziert Packungen mit gerösteten Arabica - Bohnen, die sich in Regalen stapeln – die Früchte eines sozialen Unternehmens, das sowohl Gorillas als auch ihren menschlichen Nachbarn zugutekommt.

„Kanyongi“ – der Name des betreffenden Gorillas – „war einer meiner Lieblings - Berggorillas“, erklärt Gladys Kalema - Zikusoka, eine ugandische Tierärztin und moderne Dian Fossey, die das Projekt „Gorilla Conservation Coffee“ als Ableger ihrer Nichtregierungsorganisation „Conservation Through Public Health“ ins Leben gerufen hat.

Kanyongis Herde „Mubare“ (bzw. „M - Gruppe“) war die erste an Menschen gewöhnte Gorillagruppe, die vor 30 Jahren in die Tourismusbranche eingeführt wurde. 

„Ich kannte Kanyongi seit seiner Geburt vor 25 Jahren“, sagt Gladys liebevoll und betrachtet das Bild, das auch auf T - Shirts gedruckt ist, die zum Kauf angeboten werden. „Er war ein verspielter Silberrücken, der immer gerne mit Touristen interagiert hat.“

Passenderweise entschied das Team, seine erste Sorte nach dem Silberrücken zu benennen, um seinen Geist in einem Projekt weiterleben zu lassen, das wahrscheinlich zahlreiche Leben verändern wird.

Du hast die Wildtiere gesehen? Dann geh jetzt auf Gorilla - Safari.

Sam, der über Generationen in seiner Familie brachliegendes Ackerland wieder urbar gemacht hat, ist einer von den mehr als 70 Bauern, die derzeit vom „Gorilla Conservation Coffee“ profitieren. Er klettert steile, matschige Hänge in den Hügeln außerhalb der Stadt hinunter, zeigt mir aufgeregt einige seiner Pflanzen und fordert mich auf, die reifen roten Kirschen zu pflücken.

Sam, der Vorsitzender der „Bwindi Coffee Farmers‘ Co - operative“ ist, hat kürzlich in Zusammenarbeit mit CTPH eine einstündige Kaffee - Safari gestartet, auf der Touristen herausfinden können, wie genau der Prozess von der Bohne bis zum Kaffee in der Tasse abläuft.

„Ich lerne bessere Methoden und erziele bei jeder Ernte einen höheren Ertrag“, erzählt er mir, während wir uns anschauen, wie frische Kirschen mithilfe eines einfachen Wassersystems (die schlechten schwimmen oben) verlesen werden, bevor wir dabei zusehen, wie eine vergorene Mischung eingestampft und getrocknet wird. Die ganze Arbeit hier wird von Hand verrichtet.

Jeder – egal, wie klein das jeweilige Stück Land auch sein mag – ist jetzt an der Kaffeeproduktion interessiert. „Meine Frau Juliet hat ihr eigenes Stück Ackerland“, sagt Sam und gibt zu: „Es ist viel besser als meins.“

And what about the gorillas?

„Sie kommen zwar,“, lacht Sam, „aber nicht sehr oft. Wenn sie kommen, lassen wir sie von einem Mitglied von HUGO (eine andere Initiative von CTPH) verjagen.“

Mehr als alles andere ist Sam stolz darauf, seinen eigenen Kaffee auf seinem eigenen Ackerboden zu trinken – eine Erfahrung, zu der er mich einlädt, sie mit ihm zu teilen. „Ich bin sehr froh, dass ich diese Möglichkeit habe“, sagt er, während er die dicke schwarze Flüssigkeit schlürft, die auf einem Herd erwärmt wurde. „Es ist etwas ganz Besonderes.“

Ich muss zustimmen. Und der Kaffee ist auch ziemlich gut.

Ein Reisebericht von  Sarah Marshall