Sonntag, 28. April 2024

Bunte und aufregende Tierbegegnungen in Costa Rica

Es ist meine lebenslange Faszination für Tapire, die mich erstmals auf Costa Rica aufmerksam werden ließ. Und als ich mir Dokumentationen über den Tapir – das große, schweineähnliche Säugetier mit der langen Schnauze – ansah, bezauberte mich die Vielfalt der Tierwelt in Costa Rica immer mehr. Als ich das Land dann endlich besuchte, hatte ich neben Tapiren auch noch eine lange Liste weiterer exotischer Tiere, die ich unbedingt sehen wollte. 

Nimm zum Beispiel den wunderschönen Quetzal. Der Vogel hat lange, grüne Schwanzfedern und seine rote Brust stammt der Legende nach vom Blut gefallener Maya - Krieger, deren Leichen die Vögel vor plündernden Soldaten der Konquistadoren geschützt haben sollen. Ich wollte den bekannt scheuen Quetzal fast ebenso sehr sehen wie den Tapir.

An meinem ersten Tag in Costa Rica ging ich vor Tagesanbruch mit einer kleinen Gruppe einen Hang hinauf in den Nebelwald. Wir traten verschlafen aus dem Dickicht hervor und da in einem wilden Avocadobaum saß ein Quetzal - Weibchen. Sie hatte zwar nicht die markante gespreizten Schwanzfedern des Männchens, war mit ihren strahlend grünen, roten, schwarzen und weißen Federn aber ebenfalls wunderschön.  

„Das ist ja leicht“, dachte ich mir, obwohl ich genau wusste, dass erfolgreiche Tierbeobachtungen das Ergebnis sorgfältigen Studiums von Orten und Jahreszeiten und einer gehörigen Portion Glücks sind. Geduld ist ebenfalls wichtig: Nachdem einige der anderen Vogelbeobachter bereits gegangen waren, wurde meine Geduld belohnt, als etwa eine Stunde später einige Quetzal - Männchen im selben Baum landeten. 

Manchmal stellt man sich Dinge so grandios vor, dass die Wirklichkeit dagegen eine Enttäuschung sein kann. Mit dem Quetzal war es nicht so. Es war leicht zu sehen, warum der Vogel seit Langem verehrt wird und Herrscher wie Montezuma seine Federn in ihrem Kopfschmuck getragen haben. Die Vogelwelt in Costa Rica ist ebenso farbenfroh wie vielfältig und im Verlauf unserer Reise bemerkte ich, dass ich nach allen möglichen Arten Ausschau hielt, von faszinierenden kleinen Kolibris bis zum großen grünen Ara. 

Es zahlte sich aus, einen lokalen Guide für die/Besuche der Parks zu engagieren. Im atmosphärischen Monteverde - Nebelwald sorgte unser Guide dafür, dass Jorge, ein einheimischer Experte, drei von uns auf einem Naturspaziergang begleitete. Dabei sahen wir nicht nur einen weiteren Quetzal hoch oben in den Baumkronen, sondern Jorge entdeckte auch drei fette Raupen auf einem Blatt etwa 15 m von uns entfernt auf der anderen Seite eines Bachs. Naturführer nehmen auf allen diesen Spaziergängen Fernrohre mit, damit ihre Kunden die Tierwelt aus der Nähe sehen können. Das ist auch gut so, denn mit bloßem Auge hätte ich diese Raupen nie sehen können. 

Die vielleicht denkwürdigste Tierbegegnung, die ich in Costa Rica erleben durfte, war am Strand in Tortuguero, wo ich einem Nest von Babyschildkröten beim Schlüpfen zusah. Einige hundert Schildkrötenbabys kämpften sich aus dem Sand heraus und aneinander vorbei, bevor sie über den Strand ins Karibische Meer tapsten. Sie hatten Glück, denn sie wurden von begeisterten Touristen eskortiert und waren so vor den lauernden Mangrovebussarden geschützt.

Manchmal kommt dir die Tierwelt in Costa Rica auch von selbst ganz nah. Einmal blieb unser Busfahrer auf einer Landstraße plötzlich stehen und ein Faultier schaute beim Fenster herein. Es hatte nicht gerade viel Energie, aber ein sehr zufriedenes Lächeln im Gesicht. Dieses Faultier verkörperte für mich perfekt Pura Vida, die Lebenseinstellung in Costa Rica, wonach jeder das Leben in seinem eigenen Tempo genießen soll.

In drei Wochen erlebte ich jede Menge unvergessliche Begegnungen mit der Tierwelt in Costa Rica. Ich wurde von Brüllaffen im Baum über meiner Hütte geweckt, fantastische Blaue Morphofalter landeten auf meinem Arm und bei einer Nachtwanderung begegnete ich verdutzt dreinsehenden Rotaugenlaubfröschen.

Aber was war mit dem Tapir?

Unser Guide verriet mir schließlich, dass er seit 17 Jahren in Costa Rica lebte und das Tier nur an einem einzigen Ort je gesehen hat. Wie das Glück es wollte, hatte ich am Ende der Reise einen Tag frei und konnte einen Ausflug von San José an den von ihm genannten Ort machen, den Rand des Nationalparks Braulio Carrillo.

Mein Guide dort fragte mich, was ich sehen wollte. Ich antwortete: „Tapire. Nur Tapire.“ Er schüttelte den Kopf und sagte mir dasselbe, das ich bereits die letzten 20 Tage gehört hatte: Dass Tapire nur sehr selten zu sehen sind. Aber genau in dem Moment kamen wir um eine Ecke und dort waren gleich drei von ihnen: Eine Tapirmutter mit einem Baby und einem weiteren Jungtier.

Aber auch wenn ich das große Glück hatte, Tapire zu sehen, blieben mir noch genug Tierarten verborgen, dass ich die perfekte Ausrede habe, um meine nächste Reise nach Costa Rica zu planen.

Ein Reisebericht von Richard Kitzinger