Ein lange gehegter Wunsch ging in Erfüllung: Einmal im Leben nach Madagaskar! Aber warum eigentlich? So richtig vorstellen konnte ich es mir nicht. Was erwartet mich überhaupt in diesem Land, das zu den ärmsten der Welt zählt? Eine außergewöhnliche Flora und Fauna und Lemuren sehen – ein Abenteuer weit abseits des Massentourismus. Trotz meiner anfänglichen Verunsicherung aufgrund diverser Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes sowie in Medien und von „Insidern“ beschloss ich, dieses Abenteuer dennoch zu wagen.
Zunächst einmal hieß es früh aufstehen. Um 06:35 Uhr startete mein Flug mit Air France ab Stuttgart via Paris, wo ich beim Landeanflug auf der rechten Seite sitzend sogar einen Blick auf den Eiffelturm und den Triumphbogen erhaschen konnte. Weiter ging es bis nach Antananarivo kurz „Tana“, was so viel heißt wie „Die Stadt der Tausend“ – aber über zwei Millionen Einwohner hat. Der ca. 10 ½ Stunden dauernde Langstreckenflug verlief pünktlich und angenehm und wir landeten um 22:45 Uhr (Ortszeit) in der Hauptstadt Madagaskars. Verglichen damit erschienen uns die nun folgenden zwei Stunden Wartezeit bei der Passkontrolle wie eine Ewigkeit, denn irgendwie waren wir plötzlich die letzten in der Schlange. Da wir uns für das Visum bei Ankunft entschieden hatten, mussten wir, wie die über 300 weiteren Passagiere, auf unseren Visastempel warten, für den man vor Ort umgerechnet ca. 25 Euro bezahlt. So lernten wir gleich die madagassische Mentalität kennen, die uns auch den Rest der Reise begleiten würde: „Mora Mora“ – immer mit der Ruhe!
Am folgenden Morgen verpasste ich beinahe unseren Abfahrtstermin, da ich vergessen hatte, meinen Wecker auf die lokale Zeit eine Stunde vorzustellen und mein Handy es leider nicht automatisch getan hatte. Peinlich! Der Ausflug führte zum UNESCO - Weltkulturerbe Ambohimanga („Heiliger Hügel“), die ehemalige Königsresidenz erreichten wir nach einer ca. einstündigen Fahrt außerhalb der Stadt. Hier erfuhren wir einiges über die Kultur und den überwiegend vorherrschenden Ahnenkult der Madagassen.
Am späten Nachmittag fuhren wir zum Flughafen, von wo aus wir mit Air Madagascar ca. 1 ½ Stunden auf die Insel Nosy Be weiter flogen. Unsere Unterkunft für heute lag zwar nur ca. fünf Kilometer vom Flughafen entfernt, aber für diese brauchten wir fast 20 Minuten. In meinem ganzen Leben habe ich noch nie eine solche „Straße“ erlebt. Nicht einmal das Wort Schotterpiste würde dem gerecht. Es war eher ein breiter Trampelpfad mit Schlaglöchern so breit und tief, dass ich bis heute nicht weiß, wie es unser Transferbus da durch geschafft hat. Mehr als Schritttempo war daher nicht drin. Endlich angekommen wurden wir aber mit einer geschmackvollen, gepflegten Lodge belohnt, deren ganze Schönheit sich erst am folgenden Tag zeigen sollte. Glücklicherweise war ich bereits zum Sonnenaufgang wach, den ich in seiner ganzen Pracht von meinem mit Moskitonetz versehenem und somit nach Himmelbett aussehendem Schlafgemach genießen konnte. Herrlich! Leider mussten wir nach einer Nacht bereits Abschied nehmen. Hier wäre ich sehr gerne noch ein paar Tage länger geblieben.
Einen Tag später stand uns ein etwas sportlicher Ausflug bevor. Wir wurden zum Hafen von Ambatozavavy gebracht, der im Prinzip nicht viel mehr als eine kleine, palmengesäumte Bucht ist. Von dort paddelten wir mit den landestypischen Pirogen nach Ampasipohy im Lokobe Naturreservat. Was nun folgte war einfach grandios! Wir durften die außergewöhnliche Biodiversität dieser großartigen Natur hautnah erleben. Vom kleinsten Chamäleon der Welt, das gerade einmal so groß ist wie ein Daumennagel, über Blattschwanzgeckos, die sich derart gut tarnen, dass sie sich von der Rinde des Baumes auf dem sie leben absolut nicht abheben, bis hin zu den begehrten Lemuren, von denen wir gleich drei verschiedene Arten sehen konnten, war alles dabei.
Zum Abschluss hatten wir noch das Glück zwei prächtige Exemplare der Würgeschlange Boa Constrictor zu sehen. Ein überwältigendes Naturerlebnis! Auf dem Rückweg konnten wir aus der Ferne noch eine christliche Taufzeremonie im Meer beobachten, bevor wir nach der Rückkehr mit dem Bus zum Mont Passot gebracht wurden, der höchsten Erhebung der Insel, von wo wir einen herrlichen Sonnenuntergang mit Blick auf die Kraterseen und vorgelagerten Inseln erleben durften.
Auch der Ausflug am nächsten Tag war ein Highlight. Wir fuhren mit einem Motorboot von Ambatoloaka nach Nosy Iranja und konnten auf dem Weg dorthin sogar Wale beobachten und hatten noch die Möglichkeit zum Schnorcheln. Noch bevor wir auf der Insel ankamen erblickten wir den spektakulären Strand. Eine Sandbank, welche die zwei Teile der Insel bei Ebbe verbindet und bei Flut im Meer versinkt. Nach dem Mittagessen in der kleinen Lodge vor Ort unternahmen wir einen kurzen Fußmarsch auf die höchste Erhebung, von wo wir den wunderschönen Blick über diese paradiesische Insel nochmals von oben genießen konnten. In den einfachen aber liebevoll eingerichteten Hüttchen am Strand hätte ich sehr gerne eine Nacht mit Robinson Crusoe - Feeling verbracht. Leider mussten wir aber wieder zurück nach Nosy Be, wobei die Fahrt in den traumhaften Sonnenuntergang die Wehmut besänftigte.
Der folgende Tag hielt wieder sportliche Highlights parat. Wir machten einen Reitausflug und besuchten anschließend den ersten und einzigen Golfplatz auf Nosy Be, der durch seine landschaftlich schöne Lage und die vergleichsweise preisgünstigen Green Fees sicherlich ein Geheimtipp für Golfer ist und sogar mit einem Pool und Konferenzraum mit 180° Blick aufwarten kann. Unsere heutige Unterkunft toppte alles Bisherige und wir hätten uns dort am liebsten eine der luxuriösen Villen direkt am Strand der wunderschönen, einsamen Bucht mit eigenem Pool, voll ausgestatteter Küche und traumhaften Meerblick gekauft.
Auch an unserem letzten Tag machten wir einen tollen Ausflug auf eine weitere, vorgelagerte, traumhaft schöne Insel – Nosy Komba, die wir mit dem Boot insgesamt einmal umrundeten. Wir konnten uns an den vielen, einsamen Traumstränden gar nicht satt sehen. Die diversen kleinen Lodges mit einfachen aber gut ausgestatteten Bungalows am Strand bzw. in Hanglage vermitteln einem das Gefühl von Urlaub im Paradies. Auch auf dieser Insel hatten wir in einem Naturreservat nochmals die Gelegenheit die Mohrenmakis (Lemuren) und verschiedene Chamäleons aus nächster Nähe zu sehen.
Schließlich kam der Tag der Abreise, doch da unser Flug zurück nach „Tana“ erst am Nachmittag gehen sollte, machten wir noch eine Stadtrundfahrt in Hell - Ville (einheimisch: Andoany), der Hauptstadt von Nosy Be. Dazu gehörte vorher noch der Besuch des „Heiligen Baumes“, ein über 200 Jahre alter gigantischer Banyanbaum, dessen Luftwurzeln sich über ein riesiges Areal (ungefähr so groß wie ein Fußballfeld) erstrecken und ein Labyrinth von Ästen bilden, was dem Ganzen eine mystische Atmosphäre verleiht. Vor dem Betreten mussten wir erst traditionell madagassische Gewänder anziehen. Im tiefen Inneren des Baumes dient eine kleine Nische den Einheimischen als Gedenk - und Gebetsstätte für ihren Ahnenkult. Anschließend besichtigten wir noch die Ruine einer einst herrschaftlichen Villa, welche im Jahre 1737 von einem wohlhabenden Inder erbaut und später verlassen wurde. Sie ist das einzige Überbleibsel des ersten Ortes der Insel. Dort hat sich die Natur den Platz zurückgeholt, denn die verbliebenen Wände sind über und über mit Wurzeln von Bäumen bewachsen, was mich sehr an Bilder von Angkor Wat erinnerte. Zum Abschluss hatten wir noch die Chance in der Markthalle Gewürze, Vanille und die letzten Souvenirs zu kaufen, bevor wir zum Flughafen gebracht wurden. Wir flogen dann zurück nach „Tana“, wo wir vor dem Heimflug noch eine Nacht in der Stadt verbrachten.
Mein Fazit: Wer etwas Besonderes erleben möchte, sich auf das Abenteuer einlässt, flexibel ist, sich von Unwägbarkeiten oder unvorhersehbaren Planabweichungen nicht abschrecken lässt und die nötige Umsicht, Geduld, Gelassenheit und Toleranz mitbringt, der wird in Madagaskar nicht nur fündig sondern reich belohnt. Die Menschen sind zurückhaltend aber freundlich und bisher noch vom Massentourismus verschont geblieben. Obwohl ich auf dieser Reise nur einen vergleichsweise stecknadelkopfgroßen Teil sehen und erleben durfte, hat mich dieses Land in seinen Bann gezogen. Madagaskar ist eines der außergewöhnlichsten Länder der Welt!
Ein Reisebericht von Daniela
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