Bolivien – eine Rundreise durch die authentischen Anden
Bolivien steht im touristischen Schlagschatten seiner Nachbarn. Peru punktet mit Cuzco und Machu Picchu, Chile mit 6.450 Kilometern Küste und landschaftlichen Kontrasten zwischen Atacama und Patagonien. Und Bolivien? Eine Rundreise durch das andine Binnenland bringt faszinierende Facetten an den Tag – grandiose Landschaften, die von Vulkanbergen über das Hochland bis zum Regenwald reichen, eine Geschichte, die Spanien einst reich machte und Menschen, die zwar eigenwillig sind, aber ein riesiges Herz für alle haben, die sich für ihre Kultur interessieren. Einige Superlative bietet das Land auch – aber die heben wir uns für später auf.
Das Land formt den Menschen
Bolivien ist grob gesagt dreimal so groß wie Deutschland und seit Bolivien 1884 den sogenannten Salpeterkrieg gegen Chile verlor, ist es ein Binnenland, ohne Zugang zum Meer. Einige sagen, dieser Umstand führe dazu, dass es in Bolivien etwas rauer, wilder und eigenwilliger zugehe als in anderen Ländern Lateinamerikas. Sie haben unrecht. Bolivien lernen wir auf unserer Rundreise als ein Paradebeispiel dafür kennen, wie Geographie, Klima, Umwelt und Geschichte Menschen formen können. Bolivien ist wie kaum ein anderes Land des Kontinents durch die Anden geprägt. Die längste Gebirgskette der Welt, die sich von Venezuela im Norden bis in den Süden Chiles erstreckt, entfaltet sich auf bolivianischem Territorium zu ihrer vollen Pracht und Breite. In einem weiten Bogen durchzieht das Gebirge den Westen des Landes und definiert die drei wesentlichen geographischen und klimatischen Zonen: die Anden und das bis zu 800 Kilometer Breite Hochland – Altiplano genannt – im Westen, die subtropischen Yungas – Nebenwälder – und gemäßigten Täler an den östlichen Hängen und die Tiefebenen – die Llanos – im Osten, deren Flüsse in den Amazonas entwässern.
Landschaftliche Wunder
Dazwischen ist viel Raum für die landschaftlichen Wunder Boliviens. Unsere Rundreise führt uns zum Salar de Uyuni, die rund 12.000 Quadratkilometer große Salzpfanne im Südwesten des Landes. Die Anden im Rücken, die unendliche Weite um uns herum, ein Meer von Salz. Zehn Milliarden Tonnen Salz sollen es sein, nur ein Bruchteil davon wird jährlich für den nationalen Markt abgebaut. Dazwischen immer wieder kleine Seen wie die rötlich schimmernde Laguna Colorado, in der Flamingos auf der Suche nach Plankton durch das Wasser stolzieren. Geysirfelder erinnern daran, dass wir uns hier in Bolivien auch auf einer Rundreise zur jüngeren Erdgeschichte befinden: Der Salar de Uyuni entstand, als der Lago Minchíns, das gewaltige vorzeitliche Binnenmeer, austrocknete. Der wahre Reichtum des Salars lagert übrigens unter dem bis zu 90 Meter dicken Salzsee. Unter der Kruste befinden sich die größten Lithiumvorkommen der Erde und ohne Lithium keine Smartphone - Akkus. Im Nordwesten Boliviens, und jede Rundreise führt an ihm vorbei, liegt auf 3.810 Metern Höhe der Titicacasee, der höchstgelegene schiffbare See der Welt. Und bevor wir anfangen, zu viele Zahlen zu bemühen: In den größten See Lateinamerikas passt der Bodensee 13 Mal rein.
Tiwanaku, Aymara und Inka
Der See bietet uns eine hervorragende Überleitung in die Geschichte Boliviens. Denn wir sind während unserer Rundreise nicht hier, weil der See so groß ist. Titicaca, mit seinem kristallklaren blauen Wasser, ist ein mystischer Ort: Dem spanischen Chronisten Garcilosa de la Vega zufolge, der die alten Legenden sammelte, schickte einst der Sonnengott Inti seine beiden Kinder Manco Capac und Mama Ocllo auf die Sonneninsel im Titicacasee. Von dort aus machten sie sich auf den Weg nach Norden und gründeten Cuzco, wo Manco Capac erster Inka wurde. Die historische Realität ist wahrscheinlich profaner. Auch wenn die Inseln des Titicacasee voller archäologischer Funde sind, die Inka waren die letzten Eroberer des heutigen Boliviens, bevor die Spanier kamen. Um 1440 stießen sie in das Altiplano vor und unterwarfen die Aymara, die weite Teile des Landes ab dem 13. Jahrhundert kontrollierten. Die wahre alte Hochkultur Boliviens aber waren die Tiwanaku, deren Reich etwa um 1000 vor Christus am Titicacasee entstand. Unsere Rundreise bringt uns nach Tiwanaku, ungefähr 70 Kilometer westlich von La Paz, zu einer der wichtigsten prähispanischen Stätten ganz Südamerikas. Hier finden wir die Kultur Tiwanakus in ihrer besten Ausprägung – in Form der gleichnamigen Ruinenstadt und des berühmten Sonnentors, des Intipunkus. Für die historische Identität sind diese Traditionslinien wichtig: Mehr als Zweidrittel der rund zehn Millionen Einwohner des Landes haben indigene Wurzeln – die Quechua, Aymara und Guaraní sind die wichtigsten Gruppen. Die Nachfahren der Spanier, und da unterscheidet sich Bolivien von seinen Nachbarn, sind mit 15 Prozent eindeutig in der Minderheit.
Das Gold Potosís und die Kirchen Concepcións
Wenn die Spanier sagen wollen, dass etwas ein Vermögen kostet, sagen sie: „Vale un Potosí – das kostet ein Potosí.“ Bis heute ist die bolivianische Stadt ein Synonym für unermesslichen Reichtum – und unerträgliche Ausbeutung. Als die Spanier 1542 Bolivien in das Vizekönigreich Peru eingliederten, hatten Aymara und Inka am reichen Berg, dem Cerro Rico, schon Jahrhunderte Silber gefördert. Trotzdem änderte sich mit ihnen alles: Sage und schreibe 60.000 Tonnen ließen die neuen Herren ihre einheimischen Sklaven aus dem Berg holen. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurden in Europa sieben von zehn Silbermünzen aus dem Edelmetall Potosís geprägt. Wenn wir in Bolivien während unserer Rundreise Potosí, die königliche Münzprägeanstalt und die Minen besuchen, verstehen wir, warum der Ort bis heute Symbol für die hässliche Seite der spanischen Kolonialherrschaft ist. In Concepción und den anderen Orten in der Pampa, die als Jesuiten - Reduktionen in die Geschichte eingingen, sehen wir die sich kümmernde Seite. Die Jesuiten, in Europa häufig wegen ihres Machtanspruchs skeptisch beäugt, gründeten hier Mitte des 18. Jahrhunderts Missionsstationen, in denen sich die einheimischen Guaraní ansiedelten. Hier waren sie vor Sklavenhändlern und Ausbeutung sicher. Das Experiment währte nur kurz. Schon 1767 verbot der spanische König die Siedlungen in ganz Südamerika. Während die großen Reduktionen Paraguays damals auf Druck der Krone geschlossen wurden, leben in den Dörfern Boliviens, die wir während unserer Rundreise besuchen, noch heute christliche Guaraní.
Wildes Land, eigenwillige Menschen
Das Leben in der Höhe, eine eigene uralte Kultur, indigene Traditionen, die grandiosen Barrieren der Anden, das Wissen um seine eigene Geschichte: Während unserer Rundreise lernen wir sie kennen, die Quellen, die die Mentalität der eigenwilligen Bolivianer speisen. Ob in La Paz, in Sucre, im Altiplano oder auf den Inseln des Titicacasees: Bolivien ist authentisch, wild und umwerfend.
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