Ein Wiederfinden im Schatten des Vesuvs - Eine Reise zur Selbstliebe
Es gibt Momente auf Reisen, die unerwartet in die Tiefe der eigenen Seele blicken lassen. Momente, in denen die Intimität des Augenblicks, eingepfercht zwischen den Menschenmassen in einem alten, mit Graffiti verzierten Nahverkehrszug entlang der malerischen Küste des Golfs von Neapel, eine unerwartete Schönheit offenbart. So fand ich mich, das Gesicht unbequem in der Achselhöhle eines Fremden vergraben, auf der Suche nach innerer Heilung auf einer Reise, die mich weit weg von meinem Alltag in Toronto führte. Die Reise begann mit einem siebenstündigen Flug nach Rom, gefolgt von verschiedenen Zugfahrten, die mich schließlich in den späten Abendstunden nach Sant’Agnello führten, einem malerischen Ort unweit von Sorrent. Der lange Weg, geprägt von Erschöpfung und der ständigen Sorge um meine Habseligkeiten, war ein Spiegelbild des inneren Kampfes, den ich seit über einem Jahr mit mir trug. Ein schwerer Fall von Pfeifferschem Drüsenfieber hatte mich in einen Zustand permanenter Müdigkeit und Depression gestürzt. In der Hoffnung, mich selbst zu heilen, suchte ich Zuflucht in der Schönheit Italiens, inspiriert von Geschichten der Selbstfindung und Heilung. Mein romantischer Urlaub allein sollte geprägt sein von Momenten der Ruhe, der Schönheit und des Genusses. Eine Bootstour um Capri, das perfekte Caprese - Sandwich, das ich umgeben von Fremden aß, während ich die sonnenbeschienene Pracht der Halbinsel von Sorrent bewunderte – all dies waren Momente, die ich mir als heilend vorgestellt hatte. Doch die ersehnte Erleuchtung blieb aus. Stattdessen fühlte ich mich durch Jetlag und Seekrankheit noch erschöpfter, frustriert über das Ausbleiben des sofortigen Glücks oder der Heilung. Doch die Reise war noch nicht zu Ende. An meinem letzten Abend in Sorrent, auf der Dachterrasse eines Hotels, umgeben von der atemberaubenden Aussicht auf das Meer und den Vesuv, fand ich schließlich zu einem Moment der Klarheit. Während ich einen Aperol Spritz genoss und eine Schüssel Oliven nach der anderen leerte, wurde mir bewusst, dass die Heilung nicht in den großen Gesten oder den weit entfernten Orten lag. Es waren die kleinen Momente der Selbstfürsorge, die mich langsam wieder zu mir selbst brachten. Die Sonnenuntergänge, die ich bewunderte, die Oliven, die ich genoss, und die Wolken, deren Formen ich im Vorbeigehen bemerkte – all dies waren Akte der Liebe zu mir selbst. Diese Reise lehrte mich eine wichtige Lektion über die Kunst des Lebens und der Selbstliebe. Es ist nicht der Ort, der uns heilt, sondern die Art und Weise, wie wir uns auf die Reise begeben und die kleinen Freuden des Lebens schätzen lernen. Im Schatten des Vesuvs, umgeben von der Schönheit Italiens, fand ich nicht nur zu mir selbst zurück, sondern entdeckte auch die tiefe Wahrheit, dass die Heilung oft in den einfachsten Momenten des Daseins liegt.
Ein Reisebericht von Michal Stein