Mit dem Rad durch Marokko – „Das geht?!“ waren nicht selten die Reaktionen, wenn ich von meiner bevorstehenden Radreise nach Marokko berichtete. Unter dem Motto „Radeln auf den Spuren der Könige“ sollten wir uns in 11 Tagen die Königsstädte des Landes im Orient auf sieben geführten Radtouren selbst erradeln. Dass dies nicht nur sehr gut „geht“, sondern auch eine Menge Spaß macht, davon überzeugte ich mich im April selbst.
An Gründonnerstag ging es mit dem Flugzeug von Düsseldorf über Casablanca nach Marrakesch. Hier machen wir uns am darauffolgenden Tag noch auf zwei Beinen auf den Weg durch die Stadt, da die Straßen der Altstadt oft schmal und zudem voller Leben sind. Hier tauchen wir zum ersten Mal ein in das tägliche Leben der Marokkaner, fühlen uns auf einheimischen Märkten zwar fremd, jedoch nicht fehl am Platz und werden überall herzlich begrüßt.
Dieser Herzlichkeit begegnen wir auch in den kommenden Tagen, an denen die Räder unsere treuen Begleiter sind. Unser Transferbus bringt uns ins Atlasgebirge, wo ganze Dörfer in beinahe vollkommener Abgeschiedenheit leben. Dort, auf über 2.500m, beginnt unsere erste Radtour und führt uns knapp 30km bergab ins Tal. Unterwegs begegnen wir Menschen, die sich auf Eseln fortbewegen; ab und zu taucht in der Ferne ein Auto auf; aber eine 17-köpfige Reisegruppe unterwegs auf Rädern – das ist nicht nur für uns ein einmaliges Erlebnis. Fröhlich-winkende Kinder rufen uns begeistert „La bass!“ (Alles gut?) zu, und wir grüßen ganz arabisch mit demselben Ausruf zurück. Selbst vorbeifahrende Autos jubeln uns motivierend zu und schauen neugierig hinterher. Vor den Häusern backen Frauen frisches Brot und lassen uns dankbar kosten. Wenige Kilometer bergab dann eine kleine Gruppe von Frauen, die ihre Wäsche nicht zu Hause, sondern im benachbarten Fluss wäscht. Selbstverständlich waschen wir hier fleißig mit, bevor uns eine einheimische Familie in ihrem Dorf zu selbst zubereiteten Essen in ihrem kleinen Innenhof einlädt. Dass wir uns nur mit Gesten und gemeinsamem Musizieren verständigen können, stört hier niemanden. Eine besondere Begegnung.
Auch während unseres Aufenthalts in der Königsstadt Fès, im Pilgerort Moulay Idris und abschließend in Casablanca zeigt sich Marokko uns von seiner gastfreundlichsten Seite. Wo möglich, erkunden wir die Städte und die immer wechselnde Natur mit dem Rad und stärken uns in den Pausen mit einem Picknick aus frischen Datteln, Mandeln und allerlei weiterer marokkanischer Köstlichkeiten. Und wer selbst danach den Sattel einmal gegen einen klimatisierten Sitz tauschen möchte, für den steht jederzeit ein Begleitfahrzeug bereit.
Mein Fazit: Zugegeben – Marokko ist kein Radfahrerland aus dem Bilderbuch. Gut ausgebaute Radwege und Rastbänke am Wegesrand sucht man hier vergebens. Wer jedoch für einige Tage auf Vertrautes verzichten kann und ein unverfälschtes Bild von Marokko gewinnen möchte, den wird diese Reise ganz sicher begeistern.
Das klingt verträumt? Hier bleibt Marokko nicht länger ein Traum aus 1001 Nacht!
Ein Reisebericht von Julia